BZ-Interview mit Steffen Merkle zur Situation um den Neubau der Ballsporthalle

BIETIGHEIM-BISSINGEN
Steffen Merkle im Interview: „Wir können nicht zurück“
Seit 18. Oktober ist Steffen Merkle Vorsitzender des zweifachen Bundesligisten SG BBM Bietigheim. Im Gespräch mit der BZ äußert er sich zur sportlichen Situation und dem verschobenen Neubau einer Handball-Halle.

Steffen Merkle Ballsporthalle

CLAUS PFITZER | 28.10.2014 0 0 0 0 MEINUNGEN
Foto: Avanti
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Der neue Chef der SG BBM Bietigheim: Steffen Merkle beim Bundesliga-Heimspiel gegen den HSV Hamburg in der MHP Arena in Ludwigsburg.

Herr Merkle, wie fühlt es sich an, Chef der SG BBM Bietigheim und damit von gleich zwei Bundesligisten zu sein?

STEFFEN MERKLE: Das fühlt sich jetzt erstmal ungewohnt an, es ist aber ein gutes Gefühl.. Ich bin schon auch stolz darauf.

Was nehmen Sie sich als erstes im neuen Amt vor?

MERKLE: Ich muss mich jetzt erstmal einarbeiten und mir von den Kollegen im Vorstand und Beirat Informationen holen, auch was die Finanzen angeht. Mit dem Trainer hatte ich bereits ein längeres Gespräch, um auch seine Vorstellungen kennenzulernen.

Waren Sie in die Vertragsverlängerung mit Trainer Hartmut Mayerhoffer ein paar Tage vor Ihrer Wahl involviert?

MERKLE: Ich habe davon gewusst, aber keine Details. Ich trage die Entscheidung aber voll und ganz mit, weil ich seine Arbeit schätze. Ich verfolge seine Arbeit genau, bin bei jedem Spiel und mit dem Mann vollauf zufrieden.

Sportlich sieht es momentan nicht so gut aus. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?

MERKLE: Die aktuelle Situation ist sicherlich schwierig. Wir haben bis jetzt große Mannschaften mit großen Namen bei uns gehabt und auch schwere Auswärtsspiele. Von daher gibt es schon noch Chancen, den Anschluss zu schaffen und in der Bundesliga zu bleiben. Die Mannschaft ist intakt. Das macht mich insgesamt optimistisch. Jetzt müssen wir schauen, wie unser Neuzugang Romas Kirveliavicius einschlägt.

Sind weitere Verstärkungen geplant?

MERKLE: Wir führen natürlich mit dem Trainer Gespräche. Aber das ist alles unter finanziellem Vorbehalt. Es wird sicherlich eine meiner ersten Aufgaben sein, gemeinsam mit der Geschäftsstelle und dem Beirat nach neuen Sponsoren zu schauen, sowie bei derzeitigen Sponsoren noch Mittel für Spieler locker zu machen.

Es ist noch lange nicht soweit, aber was würde denn ein Abstieg bedeuten? Wäre das ein großer Rückschritt?

MERKLE: Ich würde es nicht als großen Rückschritt bezeichnen. Es wäre sicherlich sehr schade, aber das Ziel muss dann sein, dass die Mannschaft nicht auseinanderfällt, sondern dass man wieder ein Team zusammenstellt, das gleich wieder vorne mit dabei ist. Ich würde nicht sagen, direkt wieder um den Aufstieg, aber zumindest vorne mitspielt. Nicht wie bei anderen Mannschaften, die nach einem Abstieg in der Zweiten Liga mit Müh und Not die Klasse halten. Wir müssen natürlich zweigleisig planen.

Das heißt, die Bundesliga hat Appetit gemacht?

MERKLE: Ja, klar. Wenn man die Mannschaften und die Spiele sieht und den Enthusiasmus, der auch bei den Fans da ist, das ist unglaublich. So etwas überträgt sich auf die ganze Region.

Wie sehr hat Sie die Ankündigung von Oberbürgermeister Jürgen Kessing überrascht, dass eine neue Handballhalle frühestens in fünf bis sieben Jahren zu erwarten sei?

MERKLE: Die ganze Aussage, so wie er sie getroffen hat, hat mich sehr überrascht.

Zumal OB Kessing sagt, eine Halle wird kommen.

MERKLE: Eine Halle wird kommen, ja. Er hat natürlich nie einen Zeitpunkt genannt. Er windet sich da immer etwas. Natürlich weiß ich als Stadtrat, was wir sonst noch auf dem Plan und auf dem Schirm haben, wie der Umbau von Schulen und, und, und. Jedoch so eine Aussage zu treffen, ohne dass uns detaillierte Zahlen auch vorliegen, finde ich schon etwas unschön, dass muss ich sagen.

Was will die SG BBM eigentlich genau für eine Halle?

MERKLE: Als Stadtrat bin ich ja schon mit den Freien Wählern in einer Fraktion mit der CDU ins Rennen für eine Halle mit etwa 2500 Sitz- und Stehplätzen für eher kleiner Spiele gegangen, die man auch als Trainingshalle und für den Schulsport nutzen kann. Sie soll aber nicht nur für Handball gebaut werden, sondern auch für andere Veranstaltungen wie zum Beispiel eine Abi-Feier oder größere Konzerte der kulturtreibenden Vereine. Wir wollen keine Halle mit 4500 Zuschauern, die haben wir ja mit der EgeTrans Arena. Und es ist keinesfalls so, dass wir nicht gerne mit der SG BBM dort gegen große Mannschaften und vor vielen Zuschauern spielen wollen.

Sehen Sie noch Möglichkeiten für einen zeitnahen Bau einer solchen Halle?

MERKLE: Ich will das jetzt nicht ganz ausschließen. Aber zeitnah? An einen Baubeginn im nächsten Jahr glaube ich inzwischen nicht mehr. Aber unter fünf Jahren, so denke ich, da müssten wir schon dranbleiben. Ich werde auch zumindest alles dafür tun.

Die Trainingsbedingungen für eine Bundesliga-Mannschaft sind katastrophal, vor allem vormittags in Metterzimmern. Sehen Sie Ansätze, wenigstens das zu verbessern?

MERKLE: Die Ansätze hat der Oberbürgermeister ja wohl. Er hat mir gegenüber auch schon etwas geäußert. Ich kenne aber noch nichts Konkretes, wie er das umsetzen möchte. Ob das tragfähig ist, weiß ich nicht. Aber im Hinblick auf die alte Viadukthalle brauchen wir schlussendlich eine neue Spielstätte. Wir können nicht mehr zurück in diese alte Halle.

Sie würden also auch im Fall eines Abstiegs, den wir jetzt mal nicht annehmen, nicht mehr in der Viadukthalle spielen?

MERKLE: Das werden wir wahrscheinlich nicht mehr hinkriegen. Denn wir haben jetzt neue Sponsoren und hätten gar keine adäquaten Sitzplätze mehr. Auch vom Cateringbereich und von der entsprechenden Betreuung her ginge es nicht. So etwas gehört heute zum hochklassigen Sport. Das ist in der Viadukthalle nicht mehr möglich. Es war zwar dort alles sehr familiär, und ich selbst bin als Handballer dort groß geworden und habe mich immer wohlgefühlt. Aber Spitzensport ist dort auf Dauer nicht mehr möglich. Für uns nicht.

Wenn Sie die beiden derzeitigen Spielstätten in Bietigheim-Bissingen und Ludwigsburg vergleichen: Fühlen Sie sich in beiden Arenen wohl?

MERKLE: Wohlfühlen kann man sich in beiden, das muss man klar sagen. Es ist aber auch zuschauerabhängig. Ich sage ganz klar, in der EgeTrans Arena kann man unter 2500 oder 2800 Zuschauern nicht mehr Handball spielen. Spielen zwar schon, aber von der Stimmung her geht das nicht mehr. Dazu ist die Arena zu flach, man sitzt zu weit vom Spielfeld weg. Das macht sich an der Stimmung bemerkbar. In Ludwigsburg ist es kompakter, hier könnte man auch mit Zuschauerzahlen bis 2000 oder 2500 sicherlich spielen. Wobei es als Bietigheimer Verein das Ziel sein muss, den größten Teil seiner Spiele in Bietigheim auszutragen. Das ist eigentlich auch mein Ziel. Es ist zudem für unsere Jugendarbeit wichtig, dass man einen direkten Bezug zu allen Mannschaften hat.

Herr Merkle, vielen Dank für das Gespräch.

Zusatzinfo
Zur Person vom 28. Oktober 2014
Steffen Merkle ist 52 Jahre alt, er ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er ist selbständiger Bau-Ingenieur mit einem eigenen Büro in Bietigheim-Bissingen. Seit 2004 gehört er als Mitglied der Freien Wähler Vereinigung (FWV) dem Gemeinderat von Bietigheim-Bissingen an. Merkle hat aktiv Handball gespielt und wurde mit der A-Jugend des TSV Bietigheim württembergischer Meister. Seit 18. Oktober 2014 ist er Vorsitzender der SG BBM.