Kolumne BZ 21.04.2016 – Wachsen! Ist das immer die Maxime?

Müssen wir kontinuierlich wachsen, neue Gewerbeflächen ausweisen und auch dadurch zusätzlichen Wohnraum schaffen, um unseren kommunalen Wohlstand zu halten?

Da wir Freien Wähler jüngst in einigen Fällen der Neuansiedlung von Gewerbeflächen widersprachen, führte dies zu viel Unverständnis bei der Verwaltungsspitze. Die Freien Wähler sind keine Verhinderer und Blockierer, sondern stehen für ein verträgliches Wachstum, und zwar verträglich in wirtschaftlicher und in ökologischer Sicht, mit Blick auf die Landwirtschaft und vor allem auch in Verbindung mit schlüssigen Verkehrskonzepten. Ein solches verträgliches Wachstum tragen wir voll und ganz mit! Die landwirtschaftlichen Flächen sind uns dabei genauso wichtig wie die weitere Entwicklung von Gewerbe- und Industrieflächen.

Eberhard Blatter

Eberhard Blatter

Beispiele anderer Städte zeigen uns, dass mit Kreativität und Kommunikation leere Flächen innerhalb bestehender Gewerbegebiete, aber auch Wohngebiete gefunden, geordnet und neu bebaut werden konnten. Leerstände wurden minimiert, Garagen überbaut, Aufstockungen erlaubt – im privaten wie im gewerblichen Bereich. Mit dieser Form der Nachverdichtung kann eine weitere Flächenversiegelung vermieden werden. Die bereits jetzt schon stark angespannte Wohnsituation würde zudem durch den weiteren starken Zuwachs von Gewerbe- und Industriebetrieben und damit neuen Arbeitsplätzen nochmals verstärkt. Außerdem ist dann ein Ausbau des Straßennetzes eigentlich unumgänglich, anderseits aber wegen der ökologischen Folgen, fehlenden Flächen und hohen Kosten nur schwer zu realisieren.

Bei der Ansiedlung von neuen Gewerbeflächen setzen wir auf kleine, mittelständische, produzierende Betriebe, die neue Arbeitsplätze schaffen, und nicht auf Logistiker, wie dies beispielsweise im Zweckverband Eichwald erfolgt ist.

Bundesweit wurden im Jahr 2014 täglich fast 70 Hektar Grünflächen bebaut, das entspricht der Größe von etwa 100 Fußballfeldern. Ökologisch wertvolle Flächen werden so zu Bauland, Gewerbegebieten, Straßen, Bahnlinien oder Flugplätzen umgewidmet. Gerade bei uns im Großraum Stuttgart sind die Flächen durch die hohe Bevölkerungsdichte und die schon heute existierenden Industrie- und Gewerbeflächen sehr begrenzt. Der Flächenverbrauch und das Siedlungswachstum haben Folgen, nicht nur für die Natur und den Umweltschutz. Das Grün in unseren Städten nimmt ab, Bodenversiegelung ist eine Gefahr für Klima, Mensch und Tier.

Unser Schwerpunkt der Stadtentwicklung darf deshalb nicht allein auf Wachstum liegen, sondern auf Flächenregulierung und Nachverdichtung im vernünftigen Maß. Lebensqualität und Umweltschutz dürfen nicht hinter dem Ziel des Wirtschaftswachstums zurückstehen. Natürlich lassen sich die vielfältigen Freizeitangebote, die gute Infrastruktur und die Lebensqualität in unserer Stadt nur aufrechterhalten, wenn dies durch gute und zusätzliche Steuereinnahmen gedeckt ist, nur sollte das kontrolliert vor sich gehen.

 


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